humoralmedizin - naturheilppraxis st.gallen hinterberg - die tradition in der moderne

 

 

Die Humoralmedizin ist eine traditionelle medizinische Theorie, die auf dem Konzept der "Humores" basiert. Die Grundidee der Humoralmedizin besteht darin, dass die Gesundheit und das Wohlbefinden einer Person von einem Gleichgewicht der Körpersäfte abhängen, bekannt als die vier Humores.

  1. Blut (Sanguis): Das Blut wurde als eine der wichtigsten Säfte angesehen und mit den Qualitäten warm und feucht verbunden. Es wurde angenommen, dass eine Person, die von zu viel Blut betroffen ist, temperamentvoll und leidenschaftlich sein kann.

  2. Schleim (Phlegma): Schleim wurde als kalt und feucht betrachtet und mit der Lunge und den Atemwegen in Verbindung gebracht. Ein Überschuss an Schleim im Körper wurde mit träge, langsames Denken und einem Gefühl der Schwere verbunden.

  3. Gelbe Galle (Cholera oder Chole): Gelbe Galle wurde als heiß und trocken betrachtet und mit dem Verdauungssystem verbunden. Eine Person mit einem Überschuss an gelber Galle wurde als wütend, reizbar und hitzköpfig angesehen.

  4. Schwarze Galle (Melancholie): Schwarze Galle wurde als kalt und trocken betrachtet und mit dem Zustand der Melancholie oder Depression in Verbindung gebracht. Eine Person mit einem Überschuss an schwarzer Galle wurde als traurig, melancholisch und introvertiert angesehen.

Die Theorie der Humoralmedizin hat ihren Ursprung im antiken Griechenland und wurde später von römischen, arabischen und mittelalterlichen europäischen Gelehrten weiterentwickelt. Der berühmte griechische Arzt Hippokrates (um 460-370 v. Chr.) wird oft als einer der Pioniere der Humoralmedizin angesehen. Er glaubte, dass die Gesundheit eines Menschen von einem Gleichgewicht der Körpersäfte abhängt und dass Ungleichgewichte in diesen Säften Krankheiten verursachen können.

 

Die Humoraltheorie wurde weiter von anderen griechischen Ärzten wie Galen (um 129-200 n. Chr.) entwickelt, der die Ideen von Hippokrates aufgriff und erweiterte. Galen prägte viele der Begriffe, die später mit der Humoralmedizin verbunden waren, und seine Schriften hatten einen enormen Einfluss auf die medizinische Praxis im römischen Reich und darüber hinaus.

 

Während des Mittelalters wurde die Humoralmedizin in Europa weiterentwickelt und verfeinert. Arabische Gelehrte wie Avicenna (Ibn Sina) und Rhazes (Al-Razi) trugen ebenfalls zur Entwicklung und Verbreitung der Humoraltheorie bei. Diese Ideen wurden später von mittelalterlichen europäischen Gelehrten wie Hildegard von Bingen und Paracelsus übernommen und interpretiert.

 

Die Humoraltheorie blieb bis zur Aufklärung eine dominierende medizinische Theorie in der westlichen Welt, als sie allmählich durch die Entdeckungen der modernen Medizin und den Fortschritt in der wissenschaftlichen Forschung in den Hintergrund gedrängt wurde. Dennoch haben viele Elemente der Humoralmedizin bis heute in verschiedenen Kulturen und alternativen Heilsystemen überlebt, und das Konzept eines ausgewogenen Körpers und Geistes bleibt ein wichtiger Bestandteil vieler Gesundheitsphilosophien.

 

Die Humoralmedizin und ihre ganzheitliche Herangehensweise erwiesen sich als Herausforderung für die Standardisierung, da sie stark von individuellen Merkmalen und einem umfassenden Verständnis des Körpers abhängig waren. Trotzdem bleibt die tausendjährige Erfahrungsmedizin ein wertvolles Erbe. Ihre Wirksamkeit basiert auf Jahrhunderten kollektiver Beobachtung und Praxis, und sie bietet einen einzigartigen Einblick in die menschliche Gesundheit.  Die Anerkennung der langjährigen Erfahrung und das Einfühlungsvermögen in individuelle Bedürfnisse sind wesentliche Elemente, um die Effektivität und den Wert der Humoralmedizin und anderer traditioneller Heilmethoden zu schätzen.